Word World (par Jacques Demorgon)

Sources :  Auf Deutsch – Traduction inédite – OFAJ-DFJW: Hella BEISTER – : « Von der Leugnung der Unterschiede zwischen nationalen Kulturen zur schöpferischen Gestaltung des Interkulturelle », S. 301-323»

tr. de J. Demorgon : L’histoire interculturelle des sociétés1ère éd. (1998) – L’histoire interculturelle des sociétés. Une information monde – 2e édition revue et augmentée d’une postface : Une information monde : 3e partie. L’Europe et l’informationnel mondial – Chapitre XVIII.  Du rejet des différences culturelles nationales à l’invention interculturelle pages 283 à 310.

https://www.economica.fr/livre-l-histoire-interculturelle-des-societes-demorgon-jacques,fr,4,9782717844191.cfm

Voir aussi : J. Demorgon, L’homme antagoniste, Paris, Economica, 2016 – 3e Partie. Mythes, langues-cultures, sports, p.105-152 : X. Antagonismes et mythologies. XI. Langues-cultures : synchronie, diachronie – XII. Redécouvrir l’adaptation antagoniste – XIII. Interprétation et pédagogie des langues-cultures.

https://www.economica.fr/livre-l-homme-antagoniste-demorgon-jacques,fr,4,9782717868708.cfm

Tr. roumaine : Omul Antagonist. Traducere din limba franceză de Victor Untilă. Bucuresti: Ed. F. Romania de Mâine, 2017 : Partea a III-a Mituri, Limbi-Culturi, Sport (93-156) : Capitolul X. Antagonisme si mitologii XI. Limbile-Culturi : sincronie si diacronie. XII. Redescoperirea adaptarii antagoniste. XIII. Interpretarea si pedagogia limbilor-culturi. 

https://editurafrm.ro/filosofie/omul-antagonist/

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Von der Leugnung der Unterschiede zwischen nationalen Kulturen zur schöpferischen Gestaltung des Interkulturelle

Vorwort

Der Entschluss, den Umgang mit nationalen Kulturen im internationalen Unternehmen zu untersuchen, hat natürlich mit der Zunahme der interkulturellen Situationen in diesem Bereich zu tun. Die internationalen Unternehmen sind zur Zeit der beste Ort, un das Feld der internationalen und interkulturellen Beziehungen, zum Beispiel für die Bedürftisse des Welthandels, zu erforschen (1). Sie sind aber auch jetzt schon Orte der Begegnung und Zusammenarbeit zwischen Beschäftigten aus unterschiedlichen nationalen Kulturen. Diese Situationen können zu Schwierigkeiten und Verlusten, aber auch zur Entdeckung und Entwicklung neuer Ressourcen fihren. In diesem Zusammenhang könnte die Aus- und Weiterbildung große Bedeutung bekommen, nämlich um Situationen auflösen zu helfen, in denen die Kulturen Hindernisse darstellen; und um vennehrt Bedingungen zu schaffen, unter denen sie zu Ressourcen werden können. Wir möchten zeigen, dass diese Aus- und Weiterbildungen von zwei Ansätzen profitieren können. Der eine ist die gündliche Exploration von interkulturellen Situationen, die im beruflichen Alltag aufreten. Hier beziehen wir uns, was die deutschen multinationalen Unternehmen befriff, auf die jüngsten Beiträge aus einem Forschungsprojekt, das unter der Leitung von Jacques Pateau (2) an der Universität Compiègne durchgeführt wurde. Der andere Ansatz besteht in einer theoretischen Aufarbeitung, die es erlaubt, für diesen Alltag einen theoretisch und praküsch fundierteren und umfassenderen, dynamischen und schöpferischen Umgang mit den nationalen Kulturen zu entwickeln. Beide Perspektiven, die theoretische und die praktische, lassen sich durchaus miteinander vereinbaren, denn viele Führungskräfte in den Untemehmen gelangen aufgund ihrer Erfahrungen von selber zu den theoretischen Grundlagen einer neuen Art des Herangehens an die nationalen Kulturen (siehe unten, III). Zunächst sollen wie immer einige ganz pragrnatische, in den intemationalen Unternehmen derzeit praktizierte Lösungen vorgestellt werden, um uns dann anhand dieser Beispiele, wenn auch eine wenig verkürzt, mit den interkulturellen Situationen zu befassen. Doch ist natürlich festzuhalten, dass die interkulturellen Probleme mit den hier untersuchten pragmatischen Lösungen zwar manchmal für den Augenblick gelöst, nicht aber grundsätzlich bearbeitet werden können. Aber ist dies überhaupt möglich? Zweifellos, sofern es uns gelingt, mit der nur allzu verbreiteten Überzeugung aufruräumen, die nationalen Kulturen seien Systeme zur Programmierung des individuellen Verhaltens. Erst wenn wir diese Überzeugung entkräftet haben, sind wir in der Lage, andere, aussichtsreichere, ebenfalls auf den Erfahrungen im beruflichen Alltag beruhende Wege zu beschreiten. Und auf diese Weise kann es uns drittens gelingen, Interkulturalität reflektiert zu gestalten.

I./ Die Leugnung der Unterschiede zwischen nationalen Kulturen

In internationalen Unternehmen gibt es ganz unterschiedliche Meinungen und Haltungen zu interkulturellen Problemen. Sieben Grundeinstellungen, die in den Interviews häufiger zum Ausdruck kamen, wollen wir genauer befrachten. Selbstverständlich sind sie aus unserer Sicht zwar unterschiedlich, aber nicht gegensätzlich. Je nach Situation können auch mehrere solche Grundeinstellungen zusammen auftreten.

1./ „Unterschiede gibt es in allem »

Bei dieser ersten Grundeinstellung besteht durchaus die Bereitschaft, kulturelle Unterschiede ernst zu nehmen, doch wird gern unterstellt, dass es ohnehin nur Unterschiede gibt. Unterschiede zwischen Nationen wiegen dabei nicht unbedingt schwerer als andere regionale, sozioökonomische, berufliche oder mit den Generationen usw.  zusammenhängende – Unterschiede. Betont wird außerdem, dass häufig ein und dieselbe Person andere Verhaltensweisen als die sonst üblichen entwickeln und praktizieren kann. Unterschiede werden also nicht nur nicht geleugnet, sondern sogar vermehrt, ohne nach ihren systematischen Verknüpfungen oder Hierarchien zu fragen. In diesem Meer der gleichwertigen Unterschiede werden die nationalen Unterschiede relativiert, wenn nicht gar aufgelöst. Hier ein Beispiel von vielen: « Die Unterschiede haben auch mit den Berufskulturen zu tun. Techniker sind anders als Juristen. Es gibt sogar einen Unterschied zwischen denen, die die Umgangssprache sprechen, und denen, die sozusagen die Schriftsprache sprechen. »

2./ « Das einzige, was zählt, ist das, was man zusammen produziert »

Auch bei der zweiten Grundeinstellung wird die Existenz von nationalen Unterschieden nicht geleugnet. Aber statt sie aufrulösen, indem man die in früheren Situationen aufgetetenen Unterschiede verallgemeinert, richtet man den Blick auf die Zukunft, das heißt, auf die Kultur, die gerade produziert wird, und nicht auf die Kultur, die bereits produziert ist. Mit dieser künftigen Kultur sollen dann viele der noch aus der Vergangenheit stammenden Unterschiede überwunden und hinfällig werden. Man muss nur den Akzent darauf legen, dass heute alle die gleichen Probleme haben und sie alle auf ähnliche Weise zu lösen versuchen. So sagt ein leitender Angestellter ganz einfach: « Wenn es um Interessen geht, ist es überall gleich, ob in Frankreich oder in Deutschland. » Dies verhindert, wie ein anderer hinzufügt, durchaus nicht einen gesunden Wettbewerb, im Gegenteil: « Wir müssen in allen unseren Aktivitäten konkurrenzfähig sein. Ob man nun ‘deutsch-französisch’ oder ‘Europa’ oder ‘die ganze Welt’ sagt, was zählt, ist immer ganz allgemein die Konkurrenz mit draußen. » 

3./ Rationalität ist etwas Universales, das über alle nationalen Unterschiede hinweg geht und allen gemeinsam ist

Diese dritte Grundeinstellung ähnelt der vorigen, hat aber eine absolute und nicht mehr nur pragrnatische Grundlage. Viele Führungskräfte bringen diese Überzeugung auf unterschiedliche Weise und in einer ganzen Reihe von Zusammenhängen zum Ausdruck: « Wenn Sie objektive, rationale Argumente haben, dann sind die für einen Franzosen so rational wie für einen Italiener oder einen Amerikaner. » Oder: « Das deutsch-französische Verhälmis ist nicht nur ein Problem zwischen zwei Ländern, es ist zum Beispiel auch ein Problem zwischen einer Mutter- und einer Tochterfirma. » Oder: « Es gibt Entscheidungen, die sind einfach richtig, und andere, die sind weniger gut. Man muss die anderen zu überzeugen versuchen, indem man alle Aspekte der Sache aufreigt. Dann kann jeder Einzelne, was immer er ist, das Gefihl haben, dass er an der Entscheidung beteiligt ist. » Und etwas Überraschendes zum Schluss: « Man muss markmah sein, kundennah. Wenn man das auf Frankreich überfrägt, dann hat man genau das Gleiche. Das Modell für Deutschland, die Dezentralisierung, gilt auch für Frankreich. »

4./ Mit dem Willen zu Klarheit und Offenheit lassen sich alle Schwierigkeiten überwinden

Auch dies ist eine universalistische Grundeinstellung, die sich jedoch nicht auf die Vernunft, sondern auf den guten Willen beruft, mit dem sich emotionale Reaktionen, die ja menschlich verständlich sind, überwinden lassen. Transparenz und Offenheit beim Austausch stehen jedermann zu Gebote, aus welcher nationalen Kultur er auch kommen mag. Ein Manager beschreibt einen schwierigen Augenblick bei der Übernahme eines Unternehmens: « Es gab hier und da Reaktionen, Aufwallungen; danach immer noch Misstrauen … Da gab es nur eins: die Dinge klar und offen auf den Tisch gelegt werden. Wegen der Sprachbarrieren war das natürlich ein bisschen schwierig, aber nur unter Franzosen wäre das auch nicht anders gewesen. »

5./ Das National-Kulturelle wird auf das Funktional-Sprachliche reduziert

Diese Grundeinstellung deutete sich mit dem letzten Zitat bereits an: Eigentlich muss man nur die Sprachbarriere überwinden. Wir haben es hier mit einer Art Sprachuniversalismus zu tun. Die Lösung wird im Erlemen der Sprache des jeweils anderen gesehen, in guten Übersetzungen oder überhaupt im Gebrauch des Englischen als Verhandlungssprache und eigentlichem « Esperanto » der Welt der Wirtschaft. Diese letzte Lösung wird in einem der Interviews als Selbstverständlichkeit fonnuliert: « Man kann eigentlich nicht sagen, dass ich mit den Deutschen Probleme hatte, Verständigungsprobleme, beide Seiten haben Englisch gesprochen. »

6./ Das Interesse des Unternehmens und seine Besonderheiten führen dazu, dass ein  gemeinsamer Geist, eine gemeinsame Kultur entstehen, die einem über die Unterschiede der nationalen Kulturen hinweghelfen

Diese Grundeinstellung ist sehr häufig anzutreffen, etwa in der Formulierung: « Wenn der Franzose und der Deutsche ein und dieselbe Kultur gemeinsam haben, nämlich ihre Unternehmenskultur, dann können ihre Entscheidungen nur in die gleiche Richtung gehen, selbst wenn sie sie aufunterschiedliche Weise interpretieren. Wenn zum Beispiel die ‘Mutterfirma’ ursprünglich französisch statt deutsch gewesen wäre, hätte das meiner

Meinung nach auch nicht viel geändert. »

7./ Die Hinzuziehung von nationalen Experten

Doch nicht alle sind dieser Meinung. Manche glauben, dass die national-kulturellen Unterschiede manchmal auch so groß sind, dass sie den Austausch torpedieren könnem In diesem Falle « muss man eben nationale Experten hinzuziehen ». « Eine gute Entscheidung, die für Frankreich gelten soll, muss so getroffen werden, dass sie für Frankreich gut ist, nicht dass sie für hier gut ist. Also muss man Leute holen, die in Frankreich Experten sind, und sie in die Gespräche einbeziehen, damit sie die Diskussion und die Entscheidungsfindung bereichern können. »

An allen sieben Grundeinstellung ist unbesteitbar etwas Wahres. Aber es sind Teilwahrheiten, auf denen sich jeweils nur eine begrenzte Strategie aufbauen lässt. Dies hängt darnit zusammen, dass diese Grundeinstellungen vor allem auf den pragnatischen Umgang mit den national-kulturellen Unterschieden zugeschnitten sind. In vielen unternehmensintemen Situationen ist dies durchaus gerechtfertigt. Es ändert jedoch nichts daran, dass diese national-kulturellen Unterschiede im Grunde als Hindernisse aufgefasst werden, die es zu überwinden gilt, und nicht als Ressourcen, die man pflegen sollte, National-kulturelle Verhaltensweisen im Unternehmen aber sind so resistent, dass sie als Hindernisse frotz aller wie auch immer gearteten Versuche zum pragmatischen Umgang mit ihnen bestehen bleiben. Sie liefern geradezu den Beweis dafr, dass der pragrnatische Umgang langfristig nicht genügt. Unter diesen Bedingungen stellen national-kulturelle Unterschiede für viele Menschen immer noch unüberwindbare Hindernisse dar. Für sie funktionieren die Kulturen wie Systeme zur Programmierung des Verhaltens jedes Einzelnen. Die Kultur ist dann eine zweite Natur, die fast ebenso schwer abzulegen ist wie die erste, und die internationalen Unternehmen sollten dies zur Kenntnis nehmen, ohne sich einzubilden, sie könnten daran etwas ändern. Wir wollen nun sehen, was es mit alledem auf sich hat.

II./ Dekonstruktion der schematisch vergröberten Darstellungen nationaler Kulturen

1./ Die Karikatur der nationalen Kulturen

2./ Die Fähigkeit, kulturelles Verhalten und sektorenspezifische Strategien zu unterscheiden 

3./ Ein national-kulturell bedingtes Verhalten und sein Gegenteil

4. Ein entscheidender Wendepunkt in jeder interkulturellen Ausbildung

5. Wissen und Entdecken im Bewusstsein des Vorhandenseins von situationalen Antagonismen

III./ Die Gestaltung des Interkulturellen

1. Situationale Antagonismen und national-kulturelle Antworten ergänzen einander – ein vernachlässigtes Potential

2. Konfliktuelle situationale Antagonismen: destruktiv oder konstruktiv 

3./ Die drei Dimensionen der Interität : menschlich, kulturell, schöpferischvermittelnd

4./ Adaptive Achsen, Oszillationen, interkulturelle Vermittlungen

5./ Von der Ökologie der Natur zur « Ökologie des Geistes »

6./ Die interkulturelle Ökologie

 NOTA BENE : Le texte J. Demorgon, M. Molz : la théorie de la culture et de l’interculturel » du TKIT 4*: L’apprentissage interculturel (publié par le Conseil de l’Europe en 14 langues) explicite et schématise visuellement l’antagonisme adaptatif culturel et interculturel présenté ci-avant dans le texte : de II. 4 à III. 4. On se réfèrera à la version auf deutsch, en ligne, 2002-2020: Interkulturelles Lernen. 2.4. Ein Blick auf die Kultur. 2.4.4. Kulturdiskussion von Jacques Demorgon und Markus Molz.

https://pjp-eu.coe.int/documents/42128013/47261254/2_concepts.pdf/d485b45b-879e-4494-83ea-f67e3f453d23

*TK4 L’apprentissage intercultural, De Silvio Martinelli, Arne Gillert, Mark Taylor, Council of Europe. Directorate of Youth and Sport)

Cf aussi : J. Demorgon, M. Molz : Bedingungen und Auswirkungen der Analyse von Kultur(en) und Interkulturellen Interaktionen, 46 S. in Thomas, Alexander (Hrsg.) Psychologie interkulturellen Handelns, Göttingen: Hogrefe 1996. 

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Notes bibliographiques

  • 1/ J.-Cl. Usunier, Commerce entre cultures, Paris, Bd. 1 und 2, PUF, 1992.
  • 2./ J. Pateau, Etude comparative interculturelle: entreprises allemandes, entreprises frangaises, de doctorat, Université de Compiégne, 1993.
  • 3./ J. Demorgon, Complexité des cultures et de l ‘interculturelContre les pensées uniques. Economica 5e édition revue et augmentée 2015 [1996.]
  • 4./ C. Camilleri u.a. Stratégies identitaires, PUF, 1998 [1990].
  • 5./ J. Pateau, Une étrange alchimie. La dimension interculturelle dans la coop ration franco-allemande, Cirac, 1998.
  • 6./ G. Bateson, Vers une écologie de l’esprit, Points Seuil,  1995 [1977]. 
  • 7./ F. Guattari, Les trois écologies, Paris, Galilée, 1989.
  • 8./ J. Piaget, Logique et connaissance scientifique, Paris, Gallimard, 1967. 
  • 9./ G. Devereux, Ethnopsychanalyse complémentariste, Paris, Flammarion, 1972.
  • 10./ J. J. Wunenburger, La raison contraditoire. Sciences et philosophie modernes: la pensée du complae, Sciences et symboles, Paris, A. Michel, 1990.
  • 11./ E. Bemard-Weil, Précis de systémique ago-antagoniste. Introduction stratégies bilatérales, L’lnterdisciplinaire, Limonest, 1988. 
  • 12./ D. R. Dufour, Le Bégaiement des Mattres, Bourin, 1988; Les Mystéres de la trinité, Gallimard, 1990.

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